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Die ersten Wochen im LeoLab: Der Aufbau von Beziehungen als Fundament für unser Lernkonzept

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Die ersten Wochen im LeoLab: Der Aufbau von Beziehungen als Fundament für unser Lernkonzept

Die ersten Wochen im LeoLab waren der Beginn eines aufregenden Abenteuers, das unsere Vision von einer neuen Art des Lernens in die Praxis umsetzt. Mit 60 Schüler:innen und einem engagierten Team von Lernbegleiter:innen haben wir uns auf den Weg gemacht, eine Lernumgebung zu schaffen, die auf den individuellen Bedürfnissen und Potenzialen jedes Kindes basiert.

 

Gemeinschaftsbildung als Schlüssel zum Erfolg

Von Anfang an stand für uns fest: Bevor wir inhaltlich in die Tiefe gehen können, müssen wir stabile Beziehungen aufbauen. Die ersten Tage haben wir genutzt, um uns in der großen Gruppe kennenzulernen. Unser Ziel war es, ein starkes Fundament zu schaffen, auf dem wir das weitere Lernen aufbauen können. Unsere Idee basierte auf unserer Haltung: Beziehung steht an erster Stelle – es wäre demnach „absurd“ gewesen die Einteilung in die kleinen Stammgruppen vorab basierend auf den Akten dern Schüler:innen anzulegen. Es soll ja schließlich darum gehen, dass die Schüler:innen innerhalb der Stammgruppen gut miteinander lernen und arbeiten können und einen guten Draht zu ihrer jeweiligen Lernbegleitung haben! Schnell stellten wir jedoch fest, dass die Arbeit in einer so großen Konstellation (zu) anstrengend war und nicht die gewünschten Ergebnisse brachte.

In einem traditionellen Schulsystem, in dem alle zur gleichen Zeit dasselbe tun müssen, hätten wir uns mit dieser Herausforderung vermutlich abgefunden. Im LeoLab aber haben wir die Freiheit und Autonomie schnell und einfach zu reagieren und agil zu bleiben! Deshalb entschieden wir uns, die Gruppe in vorläufige(!) Stammgruppen zu unterteilen, die als erste Ankerpunkte dienten. Diese Stammgruppen wurden auf Basis äußerer Kriterien gebildet, doch unser Plan war und ist, sie durch wöchentliche Wechsel und kontinuierliche Beobachtungen stetig zu optimieren. So schauen wir wöchentlich: Wer kann mit wem gut arbeiten? Zu welcher Lernbegleitung entwickelt jedes Kind ein (besonders) gutes Verhältnis? Wo rotieren wir noch einmal bewusst, um nach und nach alle Kinder kennenzulernen und den Lernenden die Möglichkeit zu geben alle Lernbegleitungen und Kinder gut kennenzulernen. 

Dabei befragen wir natürlich auch ständig die Lernenden selbst: Gibt es Lernende, mit denen du besonders gut lernen kannst oder gar nicht gut auskommst? Mit welcher der Lernbegleitungen möchtest du gerne arbeiten?

 

Projekte als Spiegel der Lernkultur

Ein zentraler Bestandteil des LeoLab ist die projektbasierte Arbeit, bei der die Schüler:innen selbstständig lernen und wichtige Kompetenzen erwerben. Unser erstes Projekt, „Meine erste Zeit im LeoLab“, ermöglichte es den Kindern, ihre Erfahrungen und Eindrücke kreativ festzuhalten – sei es durch Videos, Collagen, Fotobücher oder Texte. Dabei ging es uns nicht nur um das Endprodukt, sondern vor allem um den Prozess des Lernens: Vom Planen über die Durchführung bis hin zur Reflexion. Diese Prozesse sind es, die den Schüler:innen helfen, ihre eigenen Lernstrategien zu entwickeln und zu verfeinern. Und: Ein erster Einblick in die Art und Weise, wie in Zukunft gelernt und gearbeitet werden soll!

Die Projekte waren aber nur der Anfang. Parallel dazu führten wir die ersten Coaching-Gespräche, in denen die Schüler
individuell betreut wurden. Diese Gespräche dienen dazu, die Kinder in ihrem Lernprozess zu unterstützen, ihnen Feedback zu geben und gemeinsam neue Ziele zu setzen. Sie sind ein wesentlicher Bestandteil unseres Konzepts und helfen den Schüler:innen, ihre Stärken zu erkennen und sich weiterzuentwickeln. Bereits in diesen ersten Coaching-Gesprächen zeigte sich, wie wertvoll diese sind: Wir konnten detaillierte Einblicke bekommen: Wie war die erste Zeit in der Schule? Was gefällt den Schüler:innen bisher? Wo sehen sie Herausforderungen? Was wünschen sich die Schüler:innen? Wie erfahren sind sie in der Projektarbeit? Wie viel oder wie wenig Struktur wünschen sie sich?

Die Klassenfahrt: Eine Prüfung und ein Triumph

Ein Höhepunkt – und zugleich eine Herausforderung – war unsere erste Klassenfahrt. Diese drei Tage waren intensiv und voller unvorhergesehener Ereignisse. Einige Schüler:innen überschritten Grenzen massiv, was uns als Lernbegleiter stark forderte. So aufreibend diese Ereignisse waren: Sie waren ein Lernanlass bei dem die Schüler:innen sich selbst Regeln für ihr Zusammenleben aufstellten und selbstständig Konsequenzen einforderten. Und für einige der Schüler:innen bedeutete es dann auch zu lernen, dass auf Handeln eben diese Konsequenzen folgten! Einige der Schüler:innen mussten wir in Folge der Grenzüberschreitungen leider von der Klassenfahrt ausschließen. Hart – aber konsequent . Denn auch das ist ein wichtiger Lernertrag: Die eigene Freiheit endet, wo sie die Freiheit anderer beschneidet oder andere in Gefahr bringt! Aber: Auch hier ist unsere Haltung: Es gibt keinen Beziehungsabbruch! Am nächsten Tag fanden sich die Schüler:innen wieder in der Schule ein – dort arbeiteten sie mit einer unserer Lernbegleitungen die Vorfälle nach und versuchten selbstständig Handlungsstrategien für die Zukunft zu entwickeln! 

Es gab wenig Schlaf, und ein medizinischer Notfall erforderte schnelles und überlegtes Handeln. Trotz dieser Schwierigkeiten war die Fahrt ein voller Erfolg: Die Schüler lernten, Verantwortung zu übernehmen, Konflikte zu lösen und sich gegenseitig zu unterstützen.

Besonders wertvoll war, dass die Kinder in dieser Zeit zahlreiche Aufgaben selbst in die Hand nahmen: Vom Einkauf über das Kochen bis hin zur Organisation des Abendprogramms. Diese praktischen Erfahrungen haben das Gemeinschaftsgefühl gestärkt und den Kindern gezeigt, dass Lernen nicht nur im Klassenzimmer stattfindet, sondern überall dort, wo sie aktiv und verantwortlich handeln.

Ein Fazit und ein Ausblick

Die ersten Wochen im LeoLab waren intensiv, fordernd und voller wertvoller Erfahrungen. Wir haben viel über unsere Schüler:innen gelernt – über ihre Stärken, ihre Bedürfnisse und die Dynamiken, die in einer neuen Lernumgebung entstehen. Auch wenn wir müde sind, sind wir gleichzeitig stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben. Diese ersten Wochen haben uns gezeigt, dass das Fundament, das wir durch den Aufbau von Beziehungen gelegt haben, stabil und tragfähig ist. Nun freuen wir uns darauf, diesen Weg weiterzugehen und gemeinsam mit unseren Schüler:innen eine Lernumgebung zu schaffen, in der sie sich entfalten und wachsen können.

In den nächsten Wochen werden wir mehr und mehr Projektarbeit einfließen lassen und unsere geplante Struktur einziehen:

Offenes Ankommen zwischen 08.00 und 09.00, Tägliche Stammgruppensitzung von 09.00 bis 09.30, eine Stunde Arbeit an Basiskompetenzen (Deutsch, Mathematik, Englisch) täglich, gemeinsamer Checkout am Ende des Tages. Und dazwischen: Arbeit an freien und curricularen Projekten mit wöchentlichen Coaching-Gesprächen! 

Wir glauben, dass die Beziehungsarbeit, die in den letzten Wochen erfolgt ist (und natürlich in Zukunft weiter erfolgen wird) ein starkes Fundament liefert um genau diese Art der Arbeit zu beginnen!

Bis dahin bedeutet es für uns Lernbegleiter:innen: Einmal Schlaf nachholen – denn nächste Woche wird es wieder aufregend!

 

Jonas

Gymnasiallehrer an einer IGS, Interesse an digitaler Unterrichtsentwicklung & Mathematikdidaktik. Vater und Hobby-Läufer