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Zeitgemäße Prüfungskultur – ChatGPT im Geschichtsunterricht

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In der heutigen Zeit bieten technische Möglichkeiten ganz verschiedener Art immer Mehr Möglichkeiten um den Unterricht zu bereichern! Eine dieser Möglichkeiten ist der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) im Klassenzimmer. Im Rahmen eines Pilotversuches von Bildung.Digital hatte ich die Möglichkeit ChatGPT kostenlos mit der datenschutzkonformen Variante Schul.KI in meinem Unterricht einzusetzen! Ich möchte gerne meine eigenen Erfahrungen mit dem Einsatz von ChatGPT über SchulKI im Geschichtsunterricht teilen, insbesondere im Kontext einer Ersatzleistung für eine Klassenarbeit. Dabei gehe ich darauf ein, wie ich den Einsatz von ChatGPT mit den Schüler:innen vorbereitet habe, wie die Projektarbeit im Geschichtsunterricht ausgesehen hat, welchen Fokus ich dabei gesetzt habe und wie ich rückblickend den Einsatz von ChatGPT im Unterricht bewerte.

Hintergrund: Die Herausforderung im Geschichtsunterricht

Die Geschichtslehre ist eine Disziplin, die uns lehrt, aus der Vergangenheit zu lernen und die Ereignisse, die die Welt geprägt haben, zu verstehen. Insbesondere im Geschichtsunterricht, in dem wir uns mit sensiblen und schwierigen Themen wie dem Nationalsozialismus befassen, ist es von entscheidender Bedeutung, einen realistischen Einblick in die Vergangenheit zu bekommen. Doch wie vermittelt man Schülern das Leben und die Erfahrungen von Menschen, die in dieser Zeit gelebt haben, wenn persönliche Gespräche mit Zeitzeugen nicht möglich sind?

Diese Frage trieb mich um, als ich mich mit meinen Schülern im Rahmen einer Ersatzleistung für eine Klassenarbeit mit diesem Thema auseinandersetzte. Die üblichen Unterrichtsmaterialien wie Texte, Bilder und Videos reichten nicht aus, um das alltägliche Leben der Menschen im Nationalsozialismus wirklich erlebbar zu machen. Durch das Aufkommen von ChatGPT sah ich hier eine potentiell gute Möglichkeit! Schnell merkte ich allerdings, dass die meisten meiner Schüler:innen bisher nur wenig Erfahrung im Umgang mit ChatGPT gesammelt hatten. Während ich die Projektarbeit plante bereitete ich daher zunächst eine Unterrichtseinheit zur Einführung der KI vor.

Die Vorbereitung: Aktivierung des Vorwissens und erste Schritte mit KI

Bevor wir wirklich tief in das Thema KI eintauchten, starteten wir unsere Reise mit einer Aktivierung des Vorwissens. Ich sammelte mit Hilfe von Oncoo die Gedanken und Ideen meiner Schüler:innen zur KI. Was genau verstehen sie unter Künstlicher Intelligenz? Was wissen sie bereits darüber? Diese Gedanken wurden gesammelt, sortiert und dienten als Ausgangspunkt für die Weiterarbeit.

Die Ergebnisse dieser Aktivierung zeigten eine Bandbreite von Vorstellungen und Informationen über KI. Von den Schülern kamen Ideen wie „Computer, die denken können“ bis hin zu „Roboter, die Menschen ersetzen“. Diese Vielfalt an Vorstellungen war der perfekte Startpunkt für unsere Diskussion.

Der erste Schritt: Verständnis von KI und Prompting

Um das Verständnis der Schüler:innen für KI zu vertiefen, sahen wir uns zwei Videos an. Das erste erklärte Künstliche Intelligenz allgemein, das zweite spezialisierte sich auf die Funktionsweise von ChatGPT und das sogenannte „Prompting“. Diese Videos halfen den Schülern, die Grundlagen zu verstehen: Wie lernt ChatGPT? Wie generiert es Antworten? Was ist überhaupt Prompting?

Hier sind die beiden Videos, die wir in der Unterrichtseinheit verwendet haben:

  1. Künstliche Intelligenz in 2 Minuten erklärt: Was ist eigentlich KI?

  2. ChatGPT WIRKLICH verstehen!

Die praktische Umsetzung: Die ersten Schritte mit SchulKI

Nachdem die Schüler:innen eine solide theoretische Grundlage hatten, war es Zeit für den praktischen Teil. Jeder erhielt einen Zugang zu SchulKI über einen QR-Code, und wir begannen, mit der KI zu interagieren. Aber es ging nicht nur darum, Fragen zu stellen und Antworten zu erhalten. Mein Ziel war es, die Schüler:innen dazu zu bringen, die KI durch gezielte Anweisungen zu „programmieren“. Das sogenannte „Prompting“ sollte spielerisch erlernt werden.

Um dieses Ziel zu erreichen, erstellte ich 8 Aufgaben, die die Schüler dazu anregen sollten, mit SchulKI zu experimentieren und kreativ zu sein. Diese Aufgaben wurden bewusst so formuliert, dass sie die Schüler:innen dazu brachten, die KI nicht nur als eine Suchmaschine zu nutzen, sondern als ein Werkzeug, das ihren Anweisungen folgte.

Hier sind einige Beispiele für diese Aufgaben:

  • „Fordere SchulKI heraus, eine falsche Aussage zu treffen.“
  • „Stelle SchulKI eine Frage über ein beliebiges Thema und fordere eine humorvolle Antwort heraus.“
  • „Fordere SchulKI heraus, eine kurze Geschichte über deinen Lieblings-Superhelden zu schreiben.“

Die Ergebnisse: Spaß am Experimentieren

Die Schüler:innen zeigten sich begeistert von diesen Aufgaben und hatten sichtlich Spaß beim Experimentieren mit SchulKI. Sie teilten sich gegenseitig die lustigsten oder unerwartetsten Antworten von SchulKI mit und entwickelten Strategien, um die gewünschten Antworten zu erhalten.

Ein interessanter Aspekt war, dass einige Schüler:innen bereits in dieser Phase erfolgreich erste Prompts erstellten, während andere noch Schwierigkeiten hatten. Diese dynamische Gruppendynamik ermöglichte es den Schülern, sich gegenseitig beim Prompting zu unterstützen und voneinander zu lernen, ohne dass die Lehrkraft ständig intervenieren musste.

Hier nur einige Auszüge:

Die Verbindung zum Projekt: Vom Einstieg zur Ersatzleistung

Die einführende Phase, die wir durchlaufen haben, war entscheidend, um die Schüler:innen mit KI und insbesondere mit ChatGPT vertraut zu machen. Sie bildete die Grundlage für das spätere Projekt, bei dem die Schüler:innen ChatGPT nutzten, um ein fiktives Zeitzeugengespräch mit einer historischen Figur zu führen.

Insgesamt war diese erste Unterrichtseinheit ein Erfolg. Es gelang mir, das Interesse der Schüler:innen für SchulKI zu wecken und sie spielerisch an das Prompting heranzuführen. Die Schüler:innen hatten Spaß am Experimentieren und entwickelten ein besseres Verständnis für die Möglichkeiten und Grenzen von KI.

Der Einsatz von SchulKI: Ein Experiment

Glücklicherweise bot sich die Gelegenheit, SchulKI in meinen Unterricht zu integrieren, dank eines Pilotversuchs von Bildung.Digital. Ich beschloss, ChatGPT zu nutzen, um meinen Schülern ein fiktives Zeitzeugengespräch mit einer jüdischen Person aus der Zeit des Nationalsozialismus zu ermöglichen. ChatGPT würde in die Rolle dieser historischen Figur schlüpfen, und die Schüler könnten Fragen stellen und Antworten erhalten.

Der Schlüssel zu diesem Experiment war der richtige Prompt, um ChatGPT zu instruieren. Mein Ziel war es, sicherzustellen, dass die Antworten so nah wie möglich an historische Fakten und Perspektiven herankommen. Der gewählte Prompt lautete: 

„Du schlüpfst in die Rolle einer jüdischen Person namens Amon, die in der Zeit des Nationalsozialismus gelebt hat. Ich stelle dir als Interviewer Fragen zu deinem Leben, deinen Erfahrungen und deinen Gedanken. Du wirst in die Rolle der Person Amon schlüpfen und die Antworten auf die von mir gestellten Fragen basierend auf historischen Informationen und Perspektiven generieren.“

Die Aufgaben der Schüler:innen

Die Schüler hatten nicht nur die Aufgabe, das Interview zu führen, sondern auch drei wichtige Reflexionsaufgaben:

  1. Richtigkeit der Informationen überprüfen: Die Schüler sollten kritisch hinterfragen, ob die erhaltenen Informationen historisch korrekt waren.
  2. Eindrücke reflektieren: Trotz der künstlichen Natur des Gesprächs sollten die Schüler überlegen, welche Eindrücke sie aus dem Interview gewinnen konnten.
  3. Chancen und Herausforderungen der KI reflektieren: Schließlich sollten die Schüler darüber nachdenken, welche Chancen und Herausforderungen der Einsatz von KI im Geschichtsunterricht mit sich bringt.
 

Die Ergebnisse: Herausforderungen und Erkenntnisse

Natürlich verlief das Experiment nicht immer reibungslos. Es gab Momente, in denen ChatGPT keine Antwort auf bestimmte Fragen hatte, was zu Frustration führte. Dennoch waren die Ergebnisse äußerst vielversprechend.

Die Schüler nutzten die Zeit mit der KI sehr sinnvoll. Einige bereiteten Fragen im Voraus vor, während andere spontan agierten. Alle zeigten Verantwortungsbewusstsein und stellten respektvolle Fragen. Die Reflexionen der Schüler zeigten, dass sie mit dem Einsatz von KI im Unterricht zufrieden waren und das fiktive Interview als positiv bewerteten. Sie hatten ein besseres Verständnis für das Leben der Juden im Nationalsozialismus entwickelt und erkannten die Potenziale der KI im Geschichtsunterricht.

Hier ein Ausschnitt der Ergebnisse:

Fazit: Ein Gewinn für den Unterricht

Insgesamt kann ich festhalten, dass der Einsatz von SchulKI im Geschichtsunterricht äußerst gewinnbringend war. Es ist wichtig, sich Zeit für die Einführung der KI zu nehmen und den Schülern die Möglichkeit zu geben, experimentell und spielerisch mit ihr umzugehen. Die Diskussion und Reflexion der Ergebnisse sind dabei ebenso entscheidend. Ich werde SchulKI sicherlich weiterhin in meinem Unterricht einsetzen, da die Schüler so immer sicherer im Umgang mit der KI werden. Im Jahr 2023 ist dies in meinen Augen ein wichtiges Lernziel für die Schule.

Der Einsatz von KI im Unterricht eröffnet neue Horizonte und ermöglicht es den Schülern, Geschichte auf eine Weise zu erleben, die bisher undenkbar war. Es bietet die Chance, die Vergangenheit lebendig werden zu lassen und die Lektionen der Geschichte auf eine tiefere Ebene zu vermitteln. Es ist ein aufregender Schritt in Richtung einer modernen und innovativen Bildung, die Schülern dabei hilft, die Welt um sie herum besser zu verstehen.

Jonas

Gymnasiallehrer an einer IGS, Interesse an digitaler Unterrichtsentwicklung & Mathematikdidaktik. Vater und Hobby-Läufer