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LeoLab – Die Puzzleteile des Lernens. Wie Lernen im LeoLab aussehen soll

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Ein Einblick ins LeoLab: Ein Moderner Ansatz für Bildung

Die vorherigen Blogartikel haben euch bereits einen Überblick über das LeoLab-Projekt gegeben. In diesem Artikel tauche ich tiefer in das didaktische Konzept unseres Projektes ein.

Ich freue mich unglaublich nach vielen Monaten intensiver Arbeit im Team euch nun endlich vorstellen zu können, welche Idee einer „neuen Schule“ wir entwickelt haben.

Bei all dem ist eines wichtig: Es handelt sich hier um einen „Prototypen“! Wir reden selbst vom „Prototypen 1.0“ – es ist ein erster Entwurf unseres Konzeptes und die ganz grundsätzliche Ausrichtung dieses Konzeptes wird sich nicht mehr ändern. Anders sieht es aber mit den Details aus! An vielen Stellen werden sich im Laufe der kommenden Wochen und Monate sicher noch kleinere und größere Änderungen ergeben – insbesondere bei Begrifflichkeiten, bei Themenbezeichnungen etc.!
Behaltet diesen Status des „Prototypen“ bitte im Hinterkopf!
Ihr habt konstruktives Feedback dazu? Das wäre wirklich großartig! Schreibt gerne auf Twitter(„X“), Bluseky oder  Mastodon! Wir freuen uns ehrlich über jedes Feedback – positiv wie negativ!

Rückblick auf die Anfänge

Warum eine "neue Schule"?

Traditionell ist Schule stark auf Lehrpläne und Tests ausgerichtet. Auf das „Abarbeiten“ von Curricula. Eine Ausrichtung, die für Lehrer:innen häufig genauso frustrierend ist wie für die Schüler:innen!

Das LeoLab verfolgt einen anderen Weg, indem es den Fokus stärker auf das Lernen selbst legt. Also auf den Vorgang des Lernens! Unser Ziel ist es, den Schüler:innen mehr Autonomie zu geben und ihre individuellen Stärken und Interessen zu entdecken. Dabei stehen Kreativität, Kommunikation, Zusammenarbeit und kritisches Denken im Mittelpunkt. Die Idee ist nicht, Wissen zu „vermitteln“, sondern die Schüler:innen als aktive Gestalter ihres Lernens zu befähigen.

Die Theorie hinter dem LeoLab

Im LeoLab fließt Know-how von Pädagog:innen wie John Dewey, Maria Montessori, Jean Piaget, Paulo Freire und Ken Robinson ein. Das Hauptziel ist es, Lernen durch praktische Anwendung zu fördern, Selbstentwicklung zu ermöglichen, konstruktives Lernen zu unterstützen und Kreativität zu entfalten. Schüler:innen stehen im Mittelpunkt – sie sind es, die ihr Lernen gestalten. Die Prinzipien Achtsamkeit, Respekt, Empathie und Nachhaltigkeit stehen dabei im Fokus!

Auf den Schultern von Riesen

All das haben wir uns nicht von einem weißen Blatt Papier ausgehend selbst ausgedacht! Wir selbst stehen auf den Schultern von Riesen!
Wir stützen unser Konzept auf den Überlegungen vieler Pädagog:innen – und wir haben eine Reihe von Lernreisen unternommen und uns viele Schulen, die ein alternatives pädagogisches Konzept haben, angeschaut. Dabei sei die insbesondere die  Agora Schule in Roermond, die Richtsberg-Gesamtschule in Marburg, die OBS Berenbostel  in Garbsen und die Alemannenschule Wutöschingen genannt. Diese Schulen haben wir besucht oder haben uns über die Konzepte informiert und haben mit unseren Eindrücken unser eigenes Konzept erstellt. Keines der Konzepte hätten wir 1 zu 1 „kopieren“ können – nicht, weil die Konzepte „schlecht“ wären, sondern weil sie schlicht nicht genau zu unserer Vision, zu unserer Schule und zu unseren Schüler:innen gepasst hätten! Am Ende haben wir all die Eindrücke genommen, um eigene Ideen und Ansätze ergänzt und unseren Prototypen für ein didaktisches Konzept erstellt.
Dabei wollen uns müssen wir agil bleiben! In der Praxis wird sich vielleicht herausstellen, dass nicht alles, was wir uns überlegt haben genau so funktioniert! Hier werden wir sicherlich eine Reihe von Anpassungen machen müssen!

Flexibilität für verschiedene Lernvoraussetzungen

Eine Sache, die uns besonders wichtig ist: Das LeoLab soll flexibel für unterschiedliche Lernvoraussetzungen bleiben. Es gibt nicht „einen Plan“ für alle Schüler:innen – sondern individuelle Pläne für Schüler:innen: Mehr Struktur und Hilfestellungen für Schüler:innen, die zusätzliche Unterstützung benötigen oder wenig vorgegebene Struktur und anspruchsvollere Projekte für diejenigen, die nach Herausforderungen suchen.
Unser Ziel ist eine ausgewogene Lernumgebung, die die Vielfalt der Schüler:innen berücksichtigt. Die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan ist ein zentrales Element, das darauf abzielt, Schüler:innen durch Selbstständigkeit, Können und soziale Verbindung zu motivieren.

Abschied von Noten im LeoLab

Bis zur achten Klasse setzt das LeoLab auf formatives Assessment anstelle traditioneller Noten. Konstruktives Feedback steht im Mittelpunkt, und die Bewertung wird als wichtiger Bestandteil des Lernprozesses betrachtet. Unser Ziel ist ein ständiger Dialog, der Schüler:innen dazu ermutigt, kontinuierlich zu wachsen. Bewertung und Kritik als wichtiges Element des Lernens! 

Vorbereitung auf Abschlüsse

Das LeoLab soll Schüler:innen auf alle möglichen Abschlussprüfungen ab Klasse 9 vorbereiten! Projekte und Unterricht sind darauf ausgerichtet, die Schüler:innen gezielt mit den nötigen Kenntnissen und Fähigkeiten auszustatten. Lernbegleiter intensivieren zunehmend ihre Unterstützung, um Wissenslücken zu schließen und das Verständnis zu vertiefen. Regelmäßige Reflexionsgespräche und individuelles Coaching bereiten die Schüler:innen nicht nur fachlich, sondern auch mental auf Prüfungen vor.

Das didaktische Konzept des LeoLab

Das traditionelle Konzept von „Schule“ stellen wir im LeoLab bewusst auf den Kopf! 
„Lernen“ besteht bei uns primär aus vier „Puzzleteilen“:
Basiskompetenzen, Curriculare Projekte, Freie Projekte und Inspiration.

Im folgenden Erkläre ich euch diese vier „Puzzleteile“ und wie sie zusammen funktionieren sollen!

Basis-/Schlüsselkompetenzen

In den „Basiskompetenzen“ stehen die Kernfächer Mathematik, Deutsch und Englisch im Mittelpunkt. Tägliche, differenzierte Übungen über eine digitale Plattform stellen sicher, dass jede:r Schüler:in die fundamentalen Grundlagen für erfolgreiches Lernen festigt. Ein transparentes Kompetenzraster dient als Selbstbewertungsinstrument und Reflexionshilfe. Hierbei geht es nicht nur um das reine Verstehen von Fakten, sondern auch um die Anwendung und Integration des Gelernten. Gelingensnachweise ermöglichen die objektive Beurteilung der Fähigkeiten der Schüler:innen und bilden die Grundlage für die Weiterarbeit!
Fachlehrkräfte stehen den Schüler:innen als Unterstützung zur Verfügung, sofern sie diese benötigen.
In den regelmäßigen Coachinggesprächen erhalten die Schüler:innen Rückmeldungen zu ihren Fortschritten. 

Curriculare Projekte

Über den Tellerrand traditioneller Fachcurriculums hinausgehend ermöglichen curriculare Projekte den Schüler:innen, ihre Interessen und Ideen zu entwickeln und umzusetzen. An konkreten vorgegebenen Themenfeldern arbeiten die Schüler:innen an selbst gewählten Projekten und Projektideen! Bei Bedarf erhalten Schüler:innen Hilfe bei der Strukturierung oder bei der Auswahl der Projekte – oder aber sie arbeiten ganz frei!

Diese Projekte gehen über das bloße Vermitteln von Wissen hinaus und betonen den gesamten Lernprozess. Dabei wird bewusst akzeptiert, dass Scheitern ein wesentlicher Bestandteil des individuellen Wachsens ist. Scheiten ist gut und erwünscht! Durch die praxisnahe Anwendung erlangen die Schüler:innen nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch Fähigkeiten wie Problemlösungskompetenz und kreatives Denken.

In den regelmäßigen Coachinggesprächen wird der jeweilige Projektfortschritt reflektiert und das weitere Vorgehen gemeinsam geplant!

Entwurf für die Handlungsfelder und Themen der "Curricularen Projekte"

Die folgenden Handlungsfelder und Themen sind unser erster Entwurf.
Das Ziel ist es mit diesen die Themen und Inhalte aller Curricula zu vereinen. Die Themen sind bewusst so eng formuliert, dass sie den Schüler:innen ein gewisses Thema nahelegen, zugleich aber so offen, dass die Schüler:innen eine Vielzahl an Projekten zu diesem jeweiligen Thema realisieren können!

Im ersten Jahr könnte es dann zum Beispiel so aussehen:
Im ersten Quartal arbeiten die Schüler:innen zum Thema „Familie, Freundschaft, Identität“ im Handlungsfeld „Mensch und Gesellschaft“, im zweiten dann zu „iPad-Essentials“ im Handlungdfeld „Design & Technik“ etc.

Am Ende jedes Quartals steht eine Werkschau, bei der die Schüler:innen ihre Projektergebnisse präsentieren können. Zu diesen Werkschauen sind neben den Schüler:innen auch die Familien eingeladen!

Freie Projekte

Ein großer Punkt des Konzepts sind die freien Projekte, die den Schüler:innen Raum geben, ihre Kreativität in vollem Umfang zu entfalten. Anders als bei den „Curricularen Projekten“ gibt es hier keinerlei „Schranken“, die die Schüler:innen bei der Wahl ihrer Projekte begrenzen! Ob der Bau eines Skateboards, die Entwicklung einer App oder die Initiierung eines sozialen Projekts – die Schüler:innen haben die Freiheit, ihre Leidenschaften und Interessen zu verfolgen. Regelmäßige Coaching-Gespräche unterstützen sie auch hier dabei, ihre Projektideen zu konkretisieren, Hindernisse zu überwinden und aus Rückschlägen zu lernen. Hier steht die individuelle Entfaltung im Mittelpunkt, und die Schüler:innen lernen, eigenverantwortlich zu handeln. Genau diese Entfaltung soll den Schüler:innen ganz bewusst machen: Sie selbst sind maßgeblich für die Gestaltung ihres Lernens verantwortlich.

Inspiration

Das Konzept setzt bewusst auf Inspiration als Triebkraft des Lernens. Um neben der Arbeit in den „Basiskompetenzen“, den „Curricularen Projekten“ und den „Freien Projekten“ auch den eigenen Horizont zu erweitern soll es das Modul „Inspiration“ geben:
Kurze, eindrucksvolle Präsentationen von Lehrkräften, Schüler:innen, Eltern und externen Partnern schaffen einen Ideenpool, der die Schüler:innen dazu motiviert, über den regulären Lehrplan hinauszublicken. Zudem bieten Lernreisen zu außerschulischen Orten authentische Einblicke in verschiedene Lebens- und Arbeitswelten. 

Sozialstruktur des LeoLabs

Im LeoLab wird es eine andere Sozialstruktur geben, als in der „normalen“ Schule. Anstelle von Klassen mit 30 Schüler:innen treten kleine Stammgruppen mit maximal 15 Schüler:innen und einem:einer Lernbegleiter:in Dies soll eine persönliche Lernerfahrung ermöglichen, in der sich jede:r Schüler:in gesehen und unterstützt fühlen kann. Größere Plenen (4 Stammgruppen zu 15 Schüler:innen bilden ein Plenum mit 60 Schüler:innen) schaffen zudem Lern- und Diskussionsgemeinschaften, die den Austausch von Ideen und Erfahrungen fördern. In diesen Gruppen werden zudem demokratisch Entscheidungen getroffen die das gemeinsame Leben an der Schule maßgeblich beeinflussen. So soll Demkoratiebildung nicht nur theoretisch passieren sondern ganz direkt gelebt werden! Diese soziale Struktur legt den Grundstein für ein positives Lernumfeld, in dem sich die Schüler:innen gegenseitig unterstützen und voneinander lernen.

Lernphasen und Präsentationen

Die Strukturierung der Lernphasen bietet klare Zielsetzungen und Meilensteine für Projekte. Der Tag der Präsentationen markiert den Abschluss jeder Lernphase, bei dem die Schüler:innen ihre Projekte vorstellen und die Gemeinschaft sowie Familienmitglieder einbinden. Dies fördert nicht nur die Entwicklung von Präsentations- und Kommunikationsfähigkeiten, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein der Schüler:innen, ihre Arbeit vor einem Publikum zu präsentieren.

Tages- und Wochenablauf

Der Tages- und Wochenablauf ist sorgfältig darauf ausgerichtet, die individuellen Bedürfnisse der Schüler:innen zu berücksichtigen. Gleitzeiten am Morgen ermöglichen einen flexiblen Start in den Tag, strukturierte Stammgruppenzeiten bieten Raum für intensive Betreuung und Austausch, flexible Pausen unterstützen die Erholung, und vielfältige gemeinsame Aktivitäten fördern den Zusammenhalt und die soziale Interaktion. Diese durchdachte Organisation schafft eine positive Lernatmosphäre, in der die Schüler:innen sich wohlfühlen und effektiv lernen können.

Konkret gibt es keinen klassischen „Stundenplan“ für alle Schüler:innen – es gibt einige „fixe“ Termine wie z.B. die „Stammgruppenzeit“ zu Beginn eines jeden Tages und die Mittagspause – die meiste Zeit des Tages planen und gestalten die Schüler:innen aber selbst – mit Unterstützung ihrer Lernbegleiter:innen in den Coachinggesprächen!
So wird der „Terminplan“ von Schüler:innen genauso verschieden sein wie die Schüler:innen selbst. Einige werden kurze Lerneinheiten haben mit mehreren kurzen Pausen. Andere werden lange arbeiten und wenige, dafür längere Pausen haben. Einige werden viel Zeit für die Arbeit an Basiskompetenzen einplanen, andere werden viel in freien Projekten arbeiten.

Der Terminplan aller Schüler:innen ist flexibel und kann von Woche zu Woche immer wieder an die Bedürfnisse der Schüler:innen angepasst werden. Nicht die Struktur steht im Vordergrund sondern die Schüler:innen.

So ist es genauso möglich, dass Schüler:innen eine gewisse Zeit außerhalb der Schule verbringen.

Beispiele für "Stundenpläne" - So könnte das z.B. aussehen

Eine neue Rolle für Lehrkräfte

Abseits vom traditionellen Bild des reinen Wissensvermittlers agieren Lehrkräfte im LeoLab als Lernbegleiter, Coaches und Mentoren. In regelmäßigen Coaching-Gesprächen unterstützen sie die Schüler:innen in ihrer persönlichen und fachlichen Entwicklung, fördern ein Mindset, was die Schüler:innen dazu bringen soll zu wachsen und fördern und differenzieren individuell. Diese flexible und unterstützende Lehrerrolle erfordert kontinuierliche Weiterbildung und Reflexion, um den sich wandelnden Bedürfnissen der Schüler:innen gerecht zu werden.

Zu diesem Zweck werden alle Lernbegleiter:innen entsprechenden Fortbildungen besuchen um dieser Rolle auch gerecht werden zu können!

Fazit

Das didaktische Konzept des LeoLab bietet einen innovativen Ansatz, der Schüler:innen nicht nur mit Wissen versorgt, sondern ihnen ermöglicht, eigenständige und widerstandsfähige Persönlichkeiten zu entwickeln. Sie erleben sich als Autonom, als Architekten ihres Bildungsweges. Sie selbst haben die Möglichkeit einen großen Teil ihres Schulalltags zu gestalten. Sie lernen dabei, selbst die Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen. Durch intensive und regelmäßige Coachinggespräche werden die Schüler:innen dazu angeleitet und je nach individuellen Fähigkeiten gefördert. Schüler:innen, die mehr Unterstützung und Struktur benötigen, erhalten diese. Und Schüler:innen, die sich bereits fast vollständig selbst organisieren können, werden dabei begleitet und unterstützt. Dabei schafft es eine dynamische Lernumgebung, die auf Selbstbestimmung, Kreativität und Gemeinschaft basiert und somit die Grundlage für eine nachhaltige Begeisterung für lebenslanges Lernen legt.

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Jonas

Gymnasiallehrer an einer IGS, Interesse an digitaler Unterrichtsentwicklung & Mathematikdidaktik. Vater und Hobby-Läufer