Die Diskussion über den Einsatz von iPads und Handys in der Schule bewegt sich oft zwischen den Extremen: Sollten wir die Geräte gänzlich verbieten, um Ablenkungen und potenzielle Risiken zu minimieren? Oder sollten wir sie ganz frei nutzen, um den Schüler:innen den Zugang zu moderner Technologie und Lernformen zu ermöglichen? Die Realität liegt wie so oft dazwischen – und eine regulierte Nutzung bietet meiner Meinung nach den optimalen Mittelweg.
Mediennutzung: Chancen und Grenzen
Digitale Geräte haben unbestreitbare Vorteile: Sie eröffnen Lernmöglichkeiten, die ohne sie nicht denkbar wären. Beispiele dafür sind Greenscreen-Videos, Stop-Motion-Erklärvideos, ChatGPT-Interviews mit historischen Persönlichkeiten oder Lern-Apps, die Live-Feedback geben etc. Diese Werkzeuge fördern das kreative und individualisierte Lernen und ermöglichen den Schüler:innen, sich auf eine Weise mit den Inhalten auseinanderzusetzen, die mit „herkömmlichen“ Mitteln nicht möglich wäre.
Dennoch gibt es auch negative Aspekte: Schüler:innen verbringen oft zu viel Zeit mit „Daddeln“ in den Pausen oder werden von Push-Benachrichtigungen abgelenkt. Eine unregulierte Nutzung führt zu Konzentrationsproblemen, schlechteren Leistungen und potenziellen sozialen Problemen wie Cybermobbing. Gerade in Familien, in denen die Nutzung digitaler Medien zu Hause wenig reflektiert wird, kann die Schule eine präventive Rolle übernehmen, indem sie Raum für den bewussten und reflektierten Umgang schafft.
Reglementierung statt Verbots-Aktionismus
Es gibt berechtigte Sorgen über die negativen Auswirkungen von Smartphones und Tablets, die im Schulalltag auftauchen: Sucht, Ablenkungen, und soziale Isolation. Doch anstatt diese Geräte gänzlich zu verbannen, sollten wir über eine sinnvolle Reglementierung nachdenken. App-Beschränkungen, medienfreie Phasen oder klassenübergreifende Regeln, wie z.B. Handys in den Pausen in der Tasche zu lassen, sind praktikable Wege, um die Nutzung zu steuern. Schüler:innen müssen lernen, mit den Geräten bewusst umzugehen, und das funktioniert nur, wenn wir ihnen den Raum dafür geben, auch mal Fehler zu machen und daraus zu lernen.
Wie bereits angemerkt: Regeln sind notwendig, aber sie dürfen nicht dazu führen, dass Schüler:innen gar keine Möglichkeit mehr haben, mit den Geräten in Berührung zu kommen. Die Realität zeigt, dass viele Elternhäuser diese Reflexion nicht leisten – oder nicht leisten können. Die Schule hat daher eine Verantwortung, den Schüler:innen den bewussten Umgang mit Medien beizubringen, damit sie lernen, die Geräte auch mal zur Seite zu legen und sich auf andere Dinge zu konzentrieren.
Schüler:innen stärken: Gespräche und Reflexion ermöglichen
Die Gefahr, digitale Geräte einfach zu verbannen, besteht darin, dass wir die Schüler:innen ihrer Lernanlässe berauben. Wenn wir die Geräte komplett aus dem Schulalltag entfernen, verschieben sich die Probleme wie Sucht, Cybermobbing und Ablenkung lediglich in den außerschulischen Bereich. Stattdessen sollten wir die Geräte reguliert zulassen und die Schüler:innen darin unterstützen, Gesprächsanlässe über diese Themen zu finden. Nur so können sie lernen, mit den digitalen Versuchungen umzugehen, und wir können ihnen helfen, Selbstregulation zu entwickeln.
Ein Beispiel aus der Praxis: Wenn Schüler:innen in den Pausen gemeinsam Spiele wie Brawl Stars spielen, bietet dies eine Gelegenheit für reflektierte Gespräche. Anstatt durch Verbote das Thema aus der Schule zu verbannen, können Lehrkräfte behutsam hinterfragen, ob das Spielen auf Dauer gut tut, und Alternativen wie Fußball oder andere Aktivitäten vorschlagen. Solche Gespräche wirken nicht sofort, schaffen aber Bewusstsein und bieten den Schüler:innen die Chance, selbst schrittweise ihren Umgang mit Medien zu überdenken und anzupassen.
Die Rolle der Schule: Prävention statt Verdrängung
Ein weiteres Argument gegen ein pauschales Verbot ist, dass Probleme wie Cybermobbing oder Sucht nicht verschwinden, wenn wir die Geräte aus der Schule verbannen – sie werden nur verlagert. Schüler:innen, die den verantwortungsvollen Umgang mit diesen Geräten nicht in der Schule lernen, werden zu Hause damit konfrontiert, oft ohne die nötige Unterstützung. Präventive Arbeit und Medienbildung sollten daher im Mittelpunkt stehen.
Experten einzuladen, die sowohl über die Risiken als auch über die Chancen der digitalen Medien aufklären, ist ein sinnvoller Schritt. Lehrkräfte sollten in der Lage sein, den Umgang mit digitalen Medien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren und die Schüler:innen bei Problemen zu unterstützen oder zumindest an die richtigen Stellen weitervermitteln zu können.
Fazit: Keine Bubble, sondern echte Lebensvorbereitung
Eine Schule, die digitale Geräte entweder komplett verbietet oder deren Nutzung so stark reglementiert, dass den Schüler:innen (fast) jede Form der Selbstregulation abgenommen wird, schafft eine Scheinwelt, die wenig mit ihrer Realität zu tun hat. Diese Probleme bestehen weiterhin – ob wir sie in der Schule zulassen oder nicht. Wenn wir digitale Medien jedoch reguliert in den Alltag integrieren, können wir den Schüler:innen die notwendigen Fähigkeiten beibringen, um in einer digitalisierten Welt zurechtzukommen. Regeln und Grenzen sind wichtig, aber ebenso bedeutend ist es, den Schüler:innen Raum für Selbstreflexion und Lernmöglichkeiten zu geben, damit sie den verantwortungsvollen Umgang mit Medien entwickeln.
Die Schule kann entweder eine Schutzblase schaffen, in der Schüler:innen von den Herausforderungen der digitalen Welt abgeschirmt sind, oder sie kann ihnen helfen, sich diesen Herausforderungen zu stellen – und daran zu wachsen.
Ich plädiere sehr dafür, uns gegen die Schutzblase zu entscheiden.